not on the map
Nachdem sie ihr Debutalbum vor zwei Jahren veröffentlicht haben,
legt die Avantgarde Folkband Phonoroid nun ihr zweites Projekt "Not
on the map" vor.
Das
Duo von Sängerin Vanessa Vassar und Gitarrist/Tonmann Axel Heilhecker
wird jetzt von Harald Grosskopf und ein paar anderen Gästen unterstützt.
Phonoroid verstehen ihre Arbeitsweise als klang-equivalent eines Polaroid
Fotos, und setzen jetzt ihren First Take - Stil fort, jedoch angereichert
mit neuen Entwicklungen. Axel sagt dazu, "Das erst Album basierte
fast ausschließlich auf Intuition. Jeder Song war eine Überraschung
für uns. Bei "not on the map" wusste ich mehr über
Phonoroid, es wurde leichter für mich, Raum zu schaffen für
unsere Exkursionen. Auch meine Gitarre konnte ich gezielter einsetzen,
Song - spezifischer. Wir arbeiten immer noch mit einer Menge First Takes,
auch entstehen Songs oft während der Aufnahme, aber ich muss inzwischen
nicht mehr befürchten die Fragilität der Songs zu zerstören,
wenn ich mir mal mehr Zeit für Beats oder overdubs nehme. Ich spiele
viel herum mit den Elementen, um den snapshot - charakter noch zu verstärken.
Das gilt auch für das mastering. Harald bringt wiederum mehr Fluss
in den Sound. Da muss ich beim Mix nicht soviel an quantisierungen schrauben,
und kann mich mehr auf die kleinen Bilder und deren große Momente
konzentrieren." Und die texte?
Vanessa
beschreibt die erste Phonoroid cd als eine Sammlung von Little Road Songs.
Mit "not on the map" beschreibt sie wieder dieselben amerikanischen
wüsten und Land Areale, aber mit einem anderen Ansatz. "Für
mich handeln die meisten dieser Songs vom da sein am Rande der Gesellschaft,
wo man nicht integriert ist, und es auch nicht wirklich will, wie ich
annehme. In "bubblebath" singe ich über being tired of
white bread and marshmallows auf einer party, was für jeden Amerikaner
zwei ebenen bedeutet. Zum einen die Nahrungsmittel an sich - langweilig
süß und voller Konservierungsstoffe; Zum anderen aber auch
eine gewisse Art von Leuten mit denselben vor genannten Charakter-eigenschaften.
Sie will flüchten und "Slip into hot water", sowohl buchstäblich,
als auch auf anderen ebenen. Vielleicht nimmt sie sich auch jemanden mit
zum Spaß.
Der "Armadillo" gibt noch ein Beispiel für dieses nicht
rein passen (oder wie hier die Unfähigkeit, mitzuhalten im großen
rennen. Als ich ein Kind war, gab es dieses Spiel, wo man sagen musste,
welches Tier einem am meisten gefiel. Daran dachte ich, als ich "Armadillo"
schrieb. Ich vergleiche mich mit einem Armadillo und begreife am Ende,
dass ich wie einer von ihnen bin. Einerseits sind sie ja eigentlich vorzeitlich
und wirklich zu langsam, um in industrialisierten Gesellschaften zu leben;
andererseits sehen sie aus wie harte kleine Tierchen aus der Zukunft,
komplett ausgestattet mit ihrem Schutzpanzer und der Fähigkeit, in
der Nacht zu sehen. Aber das ist natürlich nicht genug, um sich zu
schützen. Armadillos sind nicht so tough, wie sie aussehen. Auf einer
Fahrt durch bestimmte Gegenden in Texas kann man die Überfahrenen
zählen."
Letzten Sommer (1999) waren Phonoroid auf einem Roadtrip durch einige
dieser Gegenden und sammelte mehr Polaroids, Filme und Geschichten. Axel
kommentiert, "Ich hatte noch nie so eine weite Wüste gesehen.
Sie ist eine Analogie für das was du in dir hast und was nicht. Man
fängt an zu realisieren und erinnert sich, wie wichtig es ist, eigene
Wurzeln zu haben, bevor man von allem Wirrwarr, Information und Kulturinbegriffen,
weggeblasen wird." Vanessa stimmt zu. "Das sind meine Wurzeln
und das ist, was ich am besten kenne. Ich liebe, dass meine Großmutter
Frankie West einen Teil von "waltz across texas" auf "sweet
grass" singt. Ich wuchs mit dem Song auf, daher bringt er mir gute
Erinnerungen." Aber das Projekt ist nicht einfach amerikanisch. Die
Geschichten sind hier verwurzelt, aber die Songs sind mit anderen Einflüssen
vermischt. Harald sagt dazu, "gewöhnlich mag ich deutsche Bands
nicht sonderlich, wenn sie versuchen, Amerikaner zu sein, aber Vanessa
ist nun mal Amerikanerin, und so klingt es natürlich. Musiker sollten
auf ihre eigenen Impulse hören und sie ausdrücken. Axel und
ich sind Europäer, und das spürt man. Phonoroid ist amerikanisch
und auch nicht. Der Gesamtklang hat diese europäische Elektronik
in sich, und auch Axel´s Art, amerikanische Musik zu interpretieren
und zu zerlegen machen ihn eigenständig."
Harald
spielt inzwischen auf selbstgebauten trash - drums. "Ich mag große
Trommeln, und große Trommeln sind teuer. Meine sind billig, sehen
abgefahren aus und klingen sehr gut. "Auf die Frage, warum er bei
Phonoroid eingestiegen ist, antwortet er: "Ich mag originelle Projekte."
Phonoroid produzieren ihre Cd´s in Axel´s Studio. Axel erklärt,
"Wenn wir aufnehmen, hat das meistens einen remix - aproach, weniger
mainstream oder vorhersehbare Strukturen. Ich finde es interessant traditionelle
Stile mit neuen Formeln vorzuführen. Ich liebe Country-Musik, aber
wenn ich sie tagein tagaus spielen müsste, wäre das mein Ende.
Ich bin nicht so ein harter Trinker, etwas schwierig in einer Country
Band.", lacht Axel. Vanessa stimmt zu, das Phonoroid nicht so ganz
in´s Country Music Formatpassen, obwohl sie zugibt, selber country
music zu hören und deren Humor schätzt. "Ich habe immer
gerne mit der Sprache gespielt. Ich liebe es, wenn etwas mehr als eine
Bedeutung hat, besonders in Verbindung mit Humor. Nicht jeder wird verstehen,
was hinter all meinen Texten verborgen ist, aber das ist o.k.. ich weiß,
was da los ist und meistens ist es zum lachen. Selbst bei eher ernsten
Themen, wie in "skin by skin", wo ein Mann wieder entdeckt,
was wirklich wichtig im leben ist, durch die haut einer Frau, passiert´s
beim Sex auf der Küchenspüle. Der Witz entsteht zuerst durch
die Musik, die wie ich finde, dem Bild perfekt entspricht. Denn selbst,
wenn das leben ernst ist, ist es immer noch lächerlich. Und wenn
wir nicht über uns selbst lachen, verpassen wir eine menge guter
Lacher.
Vanessa Vassar wurde geboren in Dallas, Texas und wuchs auf in
Kalifornien. Sie hat Abschlüsse in Medienwissenschaft und Englisch
auf der Loyola Marymount University. Von da arbeitete sie als Journalistin,
Schriftstellerin und Music Video Regisseurin. Sie studierte klassisches
Piano und sang Oper in New York, bevor sie nach Berlin umsiedelte. Ihre
filmischen und fotographischen Fähigkeiten bringt sie bei Phonoroid
ein.
Axel Manrico Heilhecker studierte bei Don Cherry, seine ersten
Schallplattenaufnahmen wurden in England veröffentlicht, und spielte
dann für einige Jahre in der Deutschen Rockscene (1 mill.verkaufte
Tonträger). Danach begann er eigene CD´s zu veröffentlichen
und andere Projekte zu produzieren. Neben Phonoroid produziert er unter
anderem auch Sunya Beat, wo auch Harald Grosskopf mitwirkt. Darüber
hinaus ist Axel auch in Deutschland´s einziger Late Night, der Harald
Schmidt Show, zu hören und zu sehen.
Harald Grosskopf war einer der ersten Musiker sowohl auf der deutschen
Elektronik und Progressive Rockscene, als auch später in der Teknoscene.
Er spielte Welttourneen mit Ash Ra (Ashra Temple)und Christian Schultze.
Er ist, wie Axel, auf zahlreichen Tonträgern zu hören, seit
dem Beginn seiner musikalischen Kariere 1966.
|